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Unterziehen sie ihr Markenportfolio einem Stresstest – Teil 2: Benutzung der Marke

Sie haben alle Hausaufgaben in Bezug auf ihre Markeneintragungen erledigt. Marken haben in den meisten Ländern eine Laufzeit von 10 Jahren – also können sie sich jetzt zurücklehnen und das Thema Markenschutz für eine Weile vergessen. Oder wäre es besser das nicht zu tun?

Im zweiten Teil (den ersten finden Sie HIER) des Stresstestes für ihre Marke möchten wir ihnen eine Checkliste zu einem Thema an die Hand geben, welches zu jeder Zeit im Leben einer Marke eine bedeutende Rolle spielen kann und ihnen helfen soll,  ihre Markenrechte im Konfliktfall zu erhalten.

Hätten sie im Ernstfall geeignete Nachweise  zur Hand, um die Benutzung ihrer Marke in einem behördlichen oder gerichtlichen Verfahren darzulegen?

Der Ernstfall kann in zwei Ausgestaltungen auftreten:

  • Sie verteidigen ihr Markenrecht gegen eine jüngere ähnliche Marke. Im Verfahren wendet der Gegner ein, ihre Marke sei nicht benutzt, oder
  • Ein Dritter möchte eine neue Marke eintragen , ihre ähnliche Marke steht als älteres Recht entgegen. Um das Hindernis zu beseitigen und seine Eintragungschancen zu erhöhen strebt der Anmelder die Löschung ihrer Marke aus dem Register an.

Wenn Sie die Benutzung ihrer Marke nicht ordnungsgemäß nachweisen können führt das im ersten Fall dazu, dass Sie Ihr Verfahren verlieren werden, in beiden Fällen ist ihre Marke in der Gefahr, durch ein Verfahren vor dem Markenamt oder dem Gericht gelöscht zu werden und ihr Markenrecht ist verloren.

Bestimmt haben sie in den Medien über den Fall der erfolgreichen Löschungsklage der EU-Marke Big Mac des Fastfood-Unternehmens  McDonald’s gelesen. Das Unternehmen hat weitere  Markeneintragungen für den Big Mac so dass der Imageschaden höher als der rechtliche Schaden gewesen sein dürfte. Rechteinhaber, welche nicht über Mehrfacheintragungen verfügen, könnten auf diesem Wege ihre einzige und wichtigste Marke verlieren.

Keine Benutzung des bekannten BIG MAC? Das werden sie sich  angesichts der Allgegenwärtigkeit von McDonald’s und seinen Produkten fragen. Maßgeblich ist nicht, ob im entscheidenden Gremium bei Gericht oder vor dem Markenamt ein Fast-Food Liebhaber sitzt, der eine Benutzung der Marke aus eigener Kenntnis bestätigen kann, sondern ob Sie eine Benutzung Ihrer Marke in geeigneter Form darlegen können.

McDonald’s hatte im Verfahren durchaus Benutzungsnachweise vorgelegt, diese wurden aber vom europäischen Markenamt als nicht geeignet bzw. nicht ausreichend angesehen.

Prüfen sie mit Hilfe unserer Checkliste, ob sie über geeignete Dokumente verfügen, oder diese innerhalb weniger Wochen und Monate beschaffen könnten, um die Benutzung ihrer Marke in geeigneter Weise nachzuweisen und deren Bestand zu erhalten:

  1. Können sie eine Benutzung für den relevanten Zeitraum aufzeigen?

Für alle  Benutzungsmaterialien gilt, dass sie sich auf die vergangenen fünf  Jahre beziehen müssen.  Ältere Unterlagen können im Einzelfall als Indiz für eine Benutzung im relevanten Zeitraum interessant sein.

  1. In welchen Ländern benutzen sie Ihre Marke?

Grundsätzlich müssen sie Benutzungsmaterialien für das Land vorlegen, in dem das Verfahren gegen ihre Marke stattfindet. Ausnahmen bestehen für eine EU-Marke. Hier genügt es, Benutzungshandlungen in den großen und wirtschaftlichen starken Märkten in geeigneter Form aufzuzeigen, um den Schutz ihrer Marke im Falle eines Angriffes für die gesamte EU zu erhalten. Sonderregeln gibt es für die gegenseitige Anerkennung der Benutzung von Marken in der Schweiz und in Deutschland.

  1. Benutzen sie ihre Marke in der eingetragenen Form und für die eingetragenen Waren oder Dienstleistungen?

Marken müssen in der Form benutzt werden, wie sie eingetragen wurden. Abwandlungen werden als rechtserhaltende Benutzung nur dann anerkannt, wenn der kennzeichnende Charakter dadurch  nicht verändert wird. Dieses Kriterium wird von Ämtern und Gerichten unterschiedlich ausgelegt. Es ist daher sinnvoll, abgewandelte Formen als Marke schützen zu lassen.

Wenn ihre Unterlagen eine Nutzung für andere Waren oder Dienstleistungen aufzeigen, als von ihrer Markeneintragung umfasst, dann kann dies zu einer Teillöschung ihrer Marke für die nicht benutzten Waren oder Dienstleistungen führen.  Hierzu verweisen wir auf den ersten Teil unseres Stresstestes für Marken, in welchem diese Themen behandelt werden.

  1. Welche Arten von Materialien können sie vorlegen?

Hier gibt es keine Einschränkungen. Erforderlich ist ein direkter Bezug zur Marke und der Hinweis auf das Datum der Verwendung.

Für Produkte sind zum Beispiel geeignet

  • Broschüren, Werbeposter, -flyer und Kataloge
  • Produktanhänger/ Einnähetiketten bei Textilien
  • Produktverpackungsbeispiele, Tragetaschen
  • Fotographien von Outdoor-Werbemaßnahmen wie z.B. Plakaten, Werbung an Haltestellen oder auf Verkehrsmitteln
  • Printwerbung; Media-Schaltpläne
  • Media-Schaltpläne
  • Preislisten
  • Umsatzzahlen
  • Screenshots Webseite (nicht ausreichend: Keyword Advertising/Metatags)

Für die Benutzung von Dienstleistungsmarken bietet sich unter anderem das Folgende besonders  an:

  • Fotos eines Geschäftslokals
  • Verpackungen
  • Werbegeschenke
  • Berufskleidung der Mitarbeiter
  • Preislisten
  • Umsatzzahlen

jeweils mit Darstellungen der Marke und der Dienstleistung versehen.

Achten sie darauf,  Angaben zur Quantität der vorgelegten Unterlagen zu machen (Auflagenstärke von Verpackungen, Werbemitteln und Printmedien; Schaltfrequenz Media; Aufrufstatistik der Webseite, Bestellungen über die Webseite) und einen konkreten Bezug zu Ihrer Marke herzustellen.  Daran fehlt es bei einem bloßen Hinweis auf Firmen-Einträge in Wikipedia, welche das gesamte Markenportfolio darstellen oder bei einer sogenannten Mood-Werbung zur  Stärkung des Markenimages ohne konkreten  Produktbezug.

  1. Sind die unter Ihrer Marke verkauften Stückzahlen ausreichend?

Sie müssen nach dem Gesetzeswortlaut  eine „ernsthafte Benutzung“ darlegen. Diese ist abzugrenzen von bloßen Scheinbenutzungshandlungen zum Markenerhalt. So wird die rechtserhaltende Benutzung bei einem Verkauf von zwei bis drei hochpreisigen und komplexen Maschinen im relevanten Zeitraum bejaht werden, während bei Waren des täglichen Bedarfs zu geringen Preisen mindestens Stückzahlen im Tausender-Bereich abgesetzt werden müssen, es sei denn die geringere Menge kann durch das Vorliegen besonderer Umstände erklärt werden.

  1. Benutzen sie selbst oder ein Dritter, welchem sie die Benutzung gestattet haben, die Marke?

Erfolgt die Benutzung durch einen Lizenznehmer, so müssen sie geeignete Verträge vorweisen.  Sogenannte „Inter-company“-Verkäufe zwischen verbundenen Unternehmen werden nicht als markenerhaltende Benutzung anerkannt.

Diese Auflistung soll nicht den Eindruck erwecken, dass alles Aufgezählte vorgelegt werden muss. Meistens  genügt eine Auswahl an Unterlagen, die aufbereitet werden muss.

Markenämter und Gerichte setzen Fristen von wenigen Monaten zur Vorlage der Benutzungsunterlagen. Wir empfehlen ihnen daher eine regelmäßige Archivierung des Materials. Dies muss nicht in Papierform geschehen. Digitale Werkzeuge bieten die Möglichkeit eines rechtssicheren Datumsnachweises ihrer Unterlagen.

Porträt: Claudia Meindel, Rechtsanwältin
Claudia Meindel, Rechtsanwältin bei V.O. Patents & Trademarks

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