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Green Claims – Neue Regelungsvorschläge der EU

Unternehmen werben zunehmend mit Begriffen wie „nachhaltig“ „CO2-neutral“, „klimafreundlich“ und ähnlichem. Die Nachhaltigkeit von Produkten ist zu einem wesentlichen Verkaufsfaktor geworden. Aber welchen Regelungen und Beschränkungen unterliegt die Werbung mit solchen Begriffen? Und welche Regelungsvorschläge gibt es für die Zukunft?

  1. Aktuelle Rechtslage

Zurzeit gibt keine Sonderreglungen für die Werbung mit sog. Green Claims. Die Grenze des Erlaubten bildet das allgemeine Irreführungsgebot des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Nach § 5 UWG ist eine Werbung verboten, wenn sie Verbraucher irreführt und sie zu einer Entscheidung veranlasst, die sie sonst nicht getroffen hätten. „Irreführung“ ist allerdings ein weiter und auslegungsbedürftiger Begriff. Die bisher veröffentlichten Urteile zu Green Claims weisen daher eine große Bandbreite auf, sind aber tendenziell – ähnlich wie bei der Gesundheitswerbung – streng. Grundlegende Vorgaben des Bundesgerichtshofs fehlen noch.

Bei allgemein gehaltenen Aussagen zur Umweltverträglichkeit fordern die Gerichte regelmäßig eine Aufklärung (bspw. mittels Sternchenhinweises) über die näheren Umstände, auf die sich die Aussage bezieht, insbesondere dazu, in welcher Hinsicht die beworbenen Waren einen umweltbezogenen Vorzug aufweist. Eine Überprüfung oder Zertifizierung durch eine unabhängige Stelle wird von den Gerichten dagegen nicht für erforderlich gehalten.

  1. Die Regelungsvorschläge der EU

Mit neuen Regelungsvorschlägen der EU, die am 22.03.2023 vorgestellt worden sind, sollen die Vorgaben verschärft und dem sog. „Greenwashing” einen Riegel vorgeschoben werden.

Die EU-Kommission schlägt zum einen eine neue Green Claims-Richtlinie („Proposal for a Directive on substantiation and communication of explicit environmental claims“) vor. Danach sollen Unternehmen, die freiwillige Umweltaussagen über ihre Produkte oder Dienstleistungen machen, Mindeststandards einhalten müssen, die sich sowohl darauf beziehen wie diese Aussagen zu belegen sind, als auch darauf, wie sie kommuniziert werden. Umweltaussagen sollen grundsätzlich nur dann zulässig sein, wenn sie unabhängig überprüft und anhand wissenschaftlicher Erkenntnisse belegt werden. Die EU-Mitgliedstaaten sollen entsprechende Prüfsysteme einrichten. Davon ausgenommen sind lediglich Umweltaussagen, die unter bestehende EU-Vorschriften fallen, wie das EU-Umweltzeichen oder das EU-Bio-Logo.

Flankierend dazu soll die Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken (UGP-Richtlinie), die in Deutschland im UWG umgesetzt worden ist, um weiter verbotene Praktiken ergänzt werden:

  • Allgemeine, vage Aussagen über die Umwelteigenschaften, die nicht nachweisbar sind (z.B. Aussagen wie „umweltfreundlich“, „öko“ oder „grün“) sollen ganz verboten werden.
  • Umweltaussagen, mit denen ein Unternehmer eine (angeblich) besonders gute Umweltleistung herausstellt und die sich auf nachweisbare Umstände beziehen, sollen nur noch zulässig sein, wenn der Unternehmer entsprechende Nachweise erbringen kann.
  • Das Anbringen eines Nachhaltigkeitssiegels soll nur noch erlaubt sein, wenn dieses Siegel auf einem Zertifizierungssystem eines unabhängigen Dritten beruht, das von staatlichen Stellen festgesetzt wurde.
  • Verboten werden sollen darüber hinaus Aussagen über die künftige Umweltleistung ohne klare, objektive und überprüfbare Verpflichtungen und Ziele und ohne ein unabhängiges Überwachungssystem.
  • Darüber hinaus sollen Umweltaussagen über das Produkt als Ganzes verboten werden, wenn diese tatsächlich nur Teile des Produkts betreffen.

Ergänzend dazu sieht der Richtlinienvorschlag weitere Verbote vor, die sich auf die Benutzung von nicht-originalen Verbrauchsmaterialien oder Ersatzteile und die sog. geplante Obsoleszenz beziehen. Stets unzulässig sind danach

  • fehlende Angaben darüber, dass das Produkt bei Verwendung nicht-originaler Verbrauchsmaterialien, Ersatzteile oder Zubehör nur eine eingeschränkte Funktionsweise hat, und
  • fehlende Angaben über Eigenschaften, die die Lebensdauer gezielt beschränken, beispielsweise Software, die die Funktionalität der Ware nach einem bestimmten Zeitraum unterbindet oder mindert.
  1. Ausblick

Die Green-Claims-Richtlinie und die vorgeschlagenen Änderungen der UGP-Richtlinie müssen zunächst noch das EU-Gesetzgebungsverfahren durchlaufen. Danach sollen die Mitgliedstaaten 18 Monate Zeit haben, um die Regelungen in nationales Recht umzusetzen. Bis zum Inkrafttreten der neuen Vorgaben und Verbote wird also noch einige Zeit vergehen. Wer auch zukünftig mit Green Claims werben will, sollte aber bereits jetzt damit beginnen, ein entsprechendes Management Framewok (Life Cycle Management) zu implementieren.

Porträt: Jan Peter Heidenreich
Dr. Jan Peter Heidenreich, Rechtsanwalt bei Preu Bohlig & Partner Rechtsanwälte mbB

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