Zum Jahreswechsel 2023/24 soll das chinesische Markenrecht bedeutende Veränderungen erfahren. Eine möglicherweise sehr erleichternde Änderung im Verwaltungsverfahren und Auslegungen bei der Benutzungsabsicht sind bereits im Gange.
I. Verwaltungsverfahren
- Haager Beglaubigungsübereinkommen
Am 8. März diesen Jahres ist China dem Haager Beglaubigungsübereinkommen beigetreten, wobei der Effekt ab 07. November 2023 eintreten wird. Durch den Beitritt zum Übereinkommen wird das Beglaubigungsverfahren für öffentliche Dokumente, zu denen gerichtliche, amtliche und notarielle Dokumente gehören, vereinfacht. Die bisherige sehr aufwändige und zeitraubende Legalisation wird durch die Apostille ersetzt. Es ist möglich, dass ausländische Unternehmen in Zukunft nicht mehr den Legalisierungsprozess durchlaufen müssen, wenn sie Dokumente zur Vorlage bei chinesischen Gerichten vorbereiten. Der Konjunktiv des vorherigen Satzes ist Absicht da noch nicht klar ist, ob die Erleichterungen dann tatsächlich auch vollumfänglich eintreten. Die weitere Entwicklung wird dies zeigen. Der Beitritt alleine ist aber bereits eine durchaus positive Entwicklung.
- Benutzungsabsicht bei „Massenanmeldungen“
Bisherige Erfahrungen lassen erkennen, dass seitens der CNIPA schneller Bösgläubigkeit angenommen wird, wenn es um „Massenanmeldungen“ Marken geht. Der Vorstoß richtet sich grundsätzlich gegen die Praxis von Trademark Squattern, welche eine Vielzahl von meist auch unzusammenhängenden Marken anmelden. Allerdings kann diese neue Praxis auch schnell zum Problem für gutgläubige Anmelder werden, die z.B. die Markeinführung eines neuen Produktes durch mehrere Markenanmeldungen absichern wollen.
Sollte die CNIPA bei grundsätzlich gutgläubigen Anmeldungen dennoch die Eintragung wegen Zweifeln an der Benutzungsabsicht versagen, kann die Anmelderin z.B. durch Erklärung und Nachweise versuchen die Amtsmeinung zu ändern. Es wird sehr interessant werden in welche Richtung sich die Amtspraxis verfestigen wird, da hier durchaus hohes Problempotential für gutgläubigen Anmelderinnen besteht.
II. Änderungen im Markenrecht
- Übertragung bösgläubiger Marken
Es soll nach dem Gesetzesvorschlag möglich werden bösgläubig angemeldete Marken nicht nur wie bisher zu löschen, sondern diese auf die rechtmäßige Markeninhaberin zu übertragen. Der Antrag ist an einige Bedingungen geknüpft, welche jedoch in den allermeisten Fällen gut zu erfüllen sein dürften. Mit dieser Änderung wird ein durchaus bedeutendes neues Werkzeug geschaffen, um gegen Trademark Squatter vorzugehen.
- Nachweis der Benutzung
Ähnlich wie im US-Recht sieht der Änderungsvorschlag die Einführung verschärfte Benutzungsregelungen vor. So soll für die Anmelderin die Verpflichtung zur Benutzung seiner Marken zum Zeitpunkt der Einreichung gefordert werden. Weiterhin soll die Markeninhaberin aufgefordert werden Erklärungen über die Benutzung oder berechtigte Gründe für die Nichtbenutzung innerhalb von 12 Monaten nach Ablauf von 5 Jahren ab dem Datum der Markeneintragung vorzulegen.
- Verbot von Wiederanmeldungen
Wiederanmeldungen einer identischen Marke durch dieselbe Anmelderin sollen verboten werden. Es wird zu beobachten sein, wie genau dieses Verbot durchgesetzt wird, da die Wiederanmeldung zumindest derzeit noch ein probates Werkzeug bei Markenproblemen ist und dieses möglicherweise verloren geht.
- Verkürzung der Widerspruchsfrist
Die Widerspruchsfrist soll von drei auf zwei Monate verkürzt werden.
- Consent Letters
Letters of Consent waren bis vor Kurzem ein probates Mittel z.B. im Eintragungsverfahren eine Beanstandung der CNIPA hinsichtlich dem Bestehen einer älteren Eintragung aus räumen zu können. Leider hat sich hier die Praxis stark geändert und ein Consent Letter ist nun nur noch in den allerwenigsten Ausnahmen ein wirksames Mittel. Seit ca. August 2021 lehnt die CNIPA mit steigernder Anzahl Consent Letters ab.
- Vorgehen gegen Trademark Squatter basierend auf unlauterem Wettbewerb
In 2022 wurde das erste Mal Trademark Squatting einer Marke als unlauterer Wettbewerb, der dem Kläger zivilrechtliche Ansprüche einräumt anerkannt („In-Sink-Erator Case“). Die Beklagte wurde zu einer Schadenersatzzahlung von ca. USD 230.000 verurteilt. Dies ist sehr zu begrüßen und eröffnet Geschädigten eine interessante neue Möglichkeit sich zu wehren.
III. Fazit
Die Änderungen sind von durchaus tiefgreifender und begrüßenswerter Natur. Allerdings lassen sie in manchen Bereichen bisherige Markenstrategien auch unwirksam werden. Es wird sehr interessant zu beobachten in welche Richtung sich die Praxis verfestigt und ob es durch die Änderungen und deren Implementierung und Ausführung in der täglichen Praxis zu Lücken kommt.